Selbstheilungskräfte stärken durch die Kraft der Natur



Prof. Michalsen, welche natürlichen Heilmethoden haben besonders positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden?

Da lassen sich fünf klassische Naturheilverfahren nennen, die jeder selbst ausüben kann, ohne zum Arzt oder in die Klinik zu müssen. Das Erste ist die Ernährung und das Fasten, das Zweite jede Form von Bewegung, Physiotherapie und Sport, das Dritte sind die Heilpflanzen, das Vierte die Stressreduktion in Form von Yoga und Meditation und das Fünfte sind die wasserheilkundlichen Anwendungen nach Kneipp sowie Wärme- und Kälteverfahren. Das Fasten sollten onkologische Patientinnen jedoch mit ihrem Behand-lungsteam abstimmen, da es nicht in jedem Stadium, wie etwa vor oder nach einer Operation, ratsam ist.

 

Was verstehen wir unter Selbstheilungskräften und wie lassen sie sich aktivieren?

Jede Operationswunde, die aufgeschnitten wird, heilt wieder zu. Das ist die Selbstheilungskraft. Diese ist natürlich nicht in Stein gemeißelt, sondern hat ihre Höhen und Tiefen. Das merken Sie daran, wenn Sie unter Stress stehen und eine Erkältung die nächste jagt. Bewegung, Wärme- und Kältebäder regen das Immunsystem an und stärken dadurch die Selbst-heilungskräfte. Buntes Gemüse verbessert die Im-munabwehr, Blaubeeren und pikante Kräuter wirken entzündungshemmend. Meditation, Yoga oder Qigong wirken entspannend, besonders bei ängstlichen Ge-danken. Wissenschaftlich belegt ist zudem, dass es die Lebensqualität fördert, wenn man zwei Stunden pro Woche Zeit in der Natur verbringt. Daher empfehle ich jedem, so oft es geht, raus zu gehen: in den Wald, in den Park oder in den Garten. Bei allen Naturheilverfahren ist jedoch entscheidend, auf die Dosis zu achten und den eigenen Körper zu spüren, um herauszufinden, was einem gut tut.

 

Das bedeutet, jeder muss für sich auch seine eigenen Grenzen finden?

Absolut! Ein Saunagang kann sehr wohltuend sein. Wenn Sie sich aber noch lange danach erschöpft füh-len, war die Dosis zu viel. Wenn Sie sich nach einem kalten Guss oder einer kalten Dusche erfrischt und nach einer halben Stunde durchgewärmt fühlen, ist alles gut. Wenn Sie aber den ganzen Tag frieren, war auch diese Dosis zu viel. Wärme- und Kälteverfahren kosten anfangs etwas Überwindung, das ist in Ord-nung. Jedoch sollte daraus kein Wettkampf werden.

Wichtig ist herauszufinden, was für einen persönlich wohltuend wirkt.

 

Welche Pflanzen und Kräuter unterstützen unsere Gesundheit?

Wir kennen viele Heilpflanzen und Kräuter aus der Hausapotheke. Fenchel, Kümmel und Anis beruhigen die Verdauung. Kamille hat sehr viele Antioxidanzien. Generell lässt sich sagen: Alles, was aromatisch und pikant ist, hat eine entzündungshemmende Wirkung, wie Ingwer, Thymian, Salbei, Oregano, Koriander, Kreuzkümmel und Kurkuma. Dann frische Kräuter wie Petersilie, Schnittlauch, Basilikum, Dill. Daher ist meine Empfehlung: Kaufen Sie jeweils fünf bis zehn Gewürze aus der mediterranen und asiatischen Küche und platzieren Sie alles griffbereit. Finden Sie heraus, was Ihnen schmeckt und würzen Sie mit mindestens zwei bis drei Kräutern pro Gericht.

 

Welche Rolle spielt die Selbstfürsorge in der Naturheilkunde und wie wirkt sich diese auf die Lebensqualität aus?

Unsere Untersuchungen am Immanuel Krankenhaus Berlin haben gezeigt, dass sich gerade onkologische Patient:innen ihrer eigenen Handlungsfähigkeit wieder bewusster werden, wenn sie Naturheilverfahren ausprobieren. Sie fühlen sich weniger ohnmächtig und haben das Gefühl, aktiv etwas für ihre Gesundheit tun zu können. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Lebensqualität aus. Wichtig ist, dass man eine Regelmäßigkeit findet. Einmal im Monat kalt duschen oder auf die Yogamatte gehen, erzielt noch keine nachhaltige Wirkung. Natürlich können Naturheilverfahren die Schulmedizin und auch keine Krebstherapie ersetzen. Aber sie können unterstützend wirken und das Wohlbefinden nachweislich steigern.